
Der Forschungsdemonstrator des Drapiergreifsystems dagegen nimmt zweidimensionale textile Halbzeuge auf und verformt sie während des Transports zum Infiltrationswerkzeug dreidimensional. (Bildquelle: WBK Karlsruhe)
Die RTM-Wertschöpfungskette bietet grundsätzlich ein großes Potenzial, um Bauteile aus Faserverbund-Kunststoffen (FVK) in großen Stückzahlen. Innerhalb dieses Herstellungsprozesses ist das Preforming, also der Umformvorgang textiler Zuschnitte von einer 2D- in eine 3D-Faserstruktur, einer der kritischen Prozessschritte. Die eigentliche Umformung wird in industriellen Prozessen daher bislang vorwiegend manuell ausgeführt. Der Forschungsdemonstrator des Drapiergreifsystems dagegen nimmt zweidimensionale textile Halbzeuge auf und verformt sie während des Transports zum Infiltrationswerkzeug dreidimensional. Durch diesen Ansatz lässt sich – für Bauteile mit geometrisch geringer, dreidimensionaler Ausprägungen – der Prozessschritt des Preformings vollständig in den sonst nicht wertschöpfenden Handhabungsvorgang integrieren. Außerdem werden damit die bisher getrennt ausgeführten Teilprozesse des Preformings und der Handhabung textiler Halbzeuge miteinander kombiniert. Das wiederum senkt die Taktzeit.
Beides führt zu einer Verringerung der Bauteilkosten und begünstigt einen stärkeren Einsatz von FVK. Denn der Preformingprozess selbst beeinflusst maßgeblich Qualität und Taktzeit der Bauteilherstellung und trägt einen vergleichsweise großen Anteil an den finalen Bauteilkosten. Mitunter sind dies ca. zwölf Prozent.
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Konfektionierung durch pixelartigen Aufbau
Auch das Herstellen von Bauteilen mit ausgeprägter dreidimensionaler Kontur, welche ohnehin einen mehrstufigen Umformprozess benötigen, vereinfacht der Drapiergreifer. So ist es beispielsweise möglich, eine erste Umformstufe bereits während des Transports am Drapiergreifer auszuführen, der aus mehreren sogenannten Pixeln aufgebaut ist. Jedes Greiferpixel bildet hierbei ein autarkes System, welches über einen Datenbus mit anderen Greiferpixeln verbunden werden kann. Der pixelartige Aufbau ermöglicht das Konfigurieren von Drapier-Greifsystemen beliebiger Kontur. Zudem lässt sich der Greifer mit Standard-Greifelementen kombinieren.

Die Saugleistung jedes einzelnen Greiferpixels wird dezentral geregelt. Das erhöht die Energieeffizienz. (Bildquelle: WBK Karlsruhe)
Textileigenschaften zum Messen nutzen
Jedes Greiferpixel des Greifsystems verfügt über einen integrierten Sauger, mit welchem der handzuhabende Textilzuschnitt an der Saugfläche gehalten wird. Hierbei wird die Saugleistung jedes einzelnen Greiferpixels dezentral geregelt, um eine energieeffiziente und prozesssichere Handhabung zu erzielen. Dafür wurde in die Saugfläche eines Niederdruck-Flächensaugers (NFS) ein Kraftsensor zur Messung der Anpresskraft integriert – eine Eigenentwicklung des Instituts für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Karlsruhe.
Um die Anpresskraft FA zwischen Textilzuschnitt und Greifersaugfläche zu messen, nutzt der Sensor die resistive Eigenschaft von Kohlenstofffaser-Textilien aus. Das dezentrale Regeln der einzelnen Sauger im Greifsystem hat auch einen großen Energieeinspareffekt zur Folge. Im Vergleich hierzu verbrauchen aktuelle Greifsysteme, die nach dem derzeitigen Stand der Technik arbeiten, 59 Prozent mehr Energie. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die zum Erzeugen der Saugleistung erforderliche Druckluft als das teuerste Energieübertragungsmedium gilt, lassen sich durch die höhere Energieeffizienz Betriebskosten einsparen.
Darüber hinaus lassen sich über die im Greifsystem integrierten Sensoren – sie bestehen im Wesentlichen aus jeweils zwei Metallelektroden – elektrische Ströme ins Kohlenstofffaser-Textil einleiten. Hierdurch werden die Textilzuschnitte flächig oder punktuell erwärmt und etwaige zur Fixierung genutzte thermo- oder duroplastische Binder aktiviert. Einzelne Halbzeuglagen lassen sich somit zu einem komplexen Preform fügen.

Der Greifer ermöglicht es, den Prozessschritt des Preformings vollständig in den sonst nicht wertschöpfenden Handhabungsvorgang zu integrieren. (Bildquelle: WBK Karlsruhe)
Metallische Lasteinteilungselemente automatisiert einsetzen
Darüber hinaus lassen sich durch die implementierte Regelung Zusatzfunktionen umsetzen. Dazu gehören ein prozesssicheres Vereinzeln textiler Halbzeuge vom Stapel oder eine kontinuierliche Überwachung des Handhabungs- und Drapierprozesses. Auf diese Weise ließe sich durch die integrierte Sensorik zu jedem Zeitpunkt ein Verschieben des Textilzuschnitts am Greifsystem erfassen. Darauf könnte der Greifer reagieren und den Drapiervorgang anpassen.
Von Beginn an wurde das Greifsystem so konstruiert, dass sich damit auch hybride Bauteile herstellen lassen. Neben der Manipulation textiler Halbzeuge können mit dem Greifsystem auch metallische Lasteinleitungselemente automatisiert in einen textilen Lagenaufbau eingesetzt werden.
Gemeinsam entwickelt von Industrie und Forschung
Das Drapier-Greifsystem wurde in einem Forschungsverbund aus Schunk, Lauffen, und J. Schmalz, Glatten, und dem Institut für Produktionstechnik (WBK) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg hat das Verbundforschungsprojekt „Technologie-Entwicklungen entlang der RTM-Wertschöpfungskette zur wirtschaftlichen Herstellung hybrider Bauteile“ – Hypro vom 1. Juni 2014 bis 31. Mai 2016 gefördert. Die an dem Drapiergreifer-Projekt beteiligten Industriepartner wollen die Entwicklung zur Marktreife weiter vorantreiben.