
Ein vom BMWi gefördertes Verbundprojekts aus verschiedenen Firmen und dem Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik der Technischen Universität Hamburg-Harburg entwickelte einen großserientauglichen Laser-Remote-Schneidprozess für dreidimensionale CFK-Bauteile für die Automobilindustrie.
(Bildquelle: LZN Laser Zentrum Nord)
Die globale Nachfrage an kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) wächst stetig. Bis 2020 nimmt sie unterschiedlichen Schätzungen zufolge um 10 bis 17 Prozent jährlich zu [1,2]. Im selben Zeitraum soll die Anzahl der in Deutschland zugelassenen Elektrofahrzeuge nach Plänen der Bundesregierung mindestens eine Million, bis 2030 gar sechs Millionen erreichen [3]. Dieser und weitere ehrgeizige Pläne, die die globalen CO2-Emissionen reduzieren sollen, lassen dem Werkstoff CFK eine Schlüsselrolle in der Automobilindustrie zukommen, da entsprechende Leichtbaukonzepte die Massezunahme in Elektrofahrzeugen durch die erforderliche Batterie kompensieren müssen. Darum weitet sich das Einsatzgebiet von CFK im Automobilbau gegenwärtig aus, von exklusiven Fahrzeugen der Ober- beziehungsweise Luxusklasse hin zu Serienfahrzeugen mit jährlichen Absatzzahlen im fünfstelligen Bereich. Im Zuge dessen stieg die Produktion des BMW i3, dessen Karosserie vollständig aus CFK besteht, im Jahr 2014 auf rund 100 Stück täglich [4]. Im neuen Modell der BMW 7er-Klasse werden mit angestrebten Tagesstückzahlen zwischen 200 und 300 Fahrzeugen erstmals CFK-Bauteile in einem Oberklassefahrzeug in Großserie verbaut [5,6]. In den kommenden Jahren könnte sich die Automobilbranche deshalb nach der Luft- und Raumfahrt als zweitwichtigster CFK-Absatzmarkt etablieren [1].
Dennoch befindet sich der Einsatz von CFK im Automobilbau weiterhin in der Einführungsphase. Um die Attraktivität der CFK-Bauweise für den automobilen Massenmarkt weiter zu erhöhen und das Einsatzpotenzial des Werkstoffs voll auszureizen, müssen die Fertigungskosten sinken, die für automobiltypische Losgrößen nach wie vor ein Vielfaches der Herstellung von Stahlbauteilen betragen. Dabei besteht entlang der Prozesskette zur Herstellung von CFK-Bauteilen ein hohes Kostensenkungspotenzial [2]. Ein wesentlicher Kostentreiber bei der mechanischen Bearbeitung von CFK ist der hohe Werkzeugverschleiß. Die Lasermaterialbearbeitung hat das Potenzial, dieses Problem zu lösen und die Kosten für die CFK-Bearbeitung aufgrund des geringen Verschleißes, der hohen Produktivität und der Automatisierbarkeit wesentlich zu senken.
Unter diesem Gesichtspunkt wurde im Rahmen eines vom BMWi geförderten Verbundprojekts der Firmen Rhein Composite, Bergmann & Steffen, Volkswagen, Laser Zentrum Nord sowie dem Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik der Technischen Universität Hamburg-Harburg, ein großserientauglicher Laser-Remote-Schneidprozess von CFK entwickelt und demonstriert.

Beim Trennen von CFK-Gelegen und Preformlingen führen, im Gegensatz zum Bearbeiten von Laminaten, grundsätzlich niedrigere Vorschübe zu einer höheren Qualität der Schnittkanten.
(Bildquelle: LZN Laser Zentrum Nord)
Robotergeführter Laser und doppeltes Staubabsaugen
Aufgrund der industriellen Verbreitung kommt ein fasergeführter Scheibenlaser des Typs Trudisk 6001 von Trumpf, Ditzingen, mit einer maximalen Leistung von 6 kW als Strahlquelle zum Einsatz. Bei der Laser-Remote-Bearbeitung wird der Laserstrahl über ein Scannersystem des Typs PFO33, ebenfalls von Trumpf, mittels Spiegeln abgelenkt und positioniert. Dabei steht eine zweidimensionale Bearbeitungsebene in einer Entfernung von mehreren hundert Millimetern zur Optik zur Verfügung. Die Spiegeldynamik ermöglicht Schnittgeschwindigkeiten von 600 mm/min. Das verwendete Scannersystem kommt für das industrielle Laser-Remote-Schweißen von Metallen bereits zum Einsatz. Für das Lasertrennen von CFK wird allerdings eine höhere Energiedichte zum Sublimieren des Materials benötigt, weshalb die Optik mit der kleinstmöglichen Brennweite ausgestattet wird, um Fokusdurchmesser kleiner 200 µm zu erhalten. Die Halbachsen der ellipsenförmigen Bearbeitungsebene betragen rund 100 und 180 mm. Um Geometrien zu bearbeiten, die größer sind als diese Abmessungen, wird die Optik an einem 6-Achs-Roboter des Typs KR 30 HA von Kuka, Augsburg, installiert. Unterhalb der Optik befindet sich eine vom Bergmann & Steffen konzipierte Absaugvorrichtung, die die entstehenden Prozessemissionen an der Schnittkante absaugt. Die eigens entwickelte Spannvorrichtung, bestehend aus Unterwerkzeug und Abdeckung, wird auf einem Drehkipptisch montiert. Sie dient dem Fixieren und Positionieren von Preformlingen und Laminaten in Form einer Reisemobiltür als Demonstrator. Die geringe Steifigkeit der Preformlinge stellt besondere Anforderungen an die Spanntechnik, um diese in einer definierten Lage reproduzierbar zu fixieren. Aus diesem Grund wird das zu trennende Werkstück in das Unterwerkzeug eingelegt und mit einer Abdeckung fixiert. In die Vorrichtung ist eine weitere Absaugung integriert, die Emissionen unmittelbar unterhalb der Schnittkante abführt.

Das Verfahren demonstrierten die Forscher anhand der Herstellung einer Außenschale für eine Reisemobiltür. Die Eigenschaften des Demonstratorteils sind hinsichtlich Werkstoff, RTM-Bauteil mit Wandstärken zwischen 1,5 und 2,5 mm, und Abmessungen typisch für CFK-Teile im Automobilbau. Der entwickelte Laser-Trennprozess lässt sich daher auf die Anwendung übertragen und in die RTM-Prozesskette integrieren.
(Bildquelle: LZN Laser Zentrum Nord)
Additiv erhöht Qualität
Das verwendete Material wurde mittels Resin Transfer Moulding (RTM) hergestellt und besteht aus einer duroplastischen Kunststoffmatrix und Kohlenstofffasern. Laminate mit duroplastischer Matrix besitzen keine schmelzflüssige Phase. Der Werkstoff wird durch die Belichtung mit dem Laser thermisch zersetzt. Die Sublimationstemperatur der Fasern beträgt ein Vielfaches des Matrixmaterials. Das hat zur Folge, dass durch die hohe Prozesstemperatur an der Schnittkante das umliegende Matrixmaterial geschädigt wird, es bildet sich eine Wärmeeinflusszone (WEZ). Außerdem weisen die Bauteiloberflächen unterschiedlich ausgeprägte Matrixschädigungen auf. Diese Schädigungen in Form kleiner Aufbrüche, treten insbesondere an Bereichen mit hohem Matrixgehalt auf. Die Ursache liegt neben der hohen Sublimationstemperatur der Fasern auch an der geringen Absorption der Matrix (Absorptionsgrad ca. 20 Prozent) für die Laserstrahlung. Innerhalb des Projektes wurde deshalb ein Verfahren entwickelt, um ein laserabsorbierendes Additiv einzubringen, das mittlerweile zum Patent angemeldet ist. Mithilfe des Additivs steigt die Bearbeitungsqualität beim Laserschneiden des Laminats signifikant [7].
Untersuchungen zeigen, dass eine hohe Schnittgeschwindigkeit bei der Laminatbearbeitung die Bauteilqualität positiv beeinflusst. Geringere Wärmeleitungseffekte senken zudem die Wärmeeinflusszone, wodurch gleichzeitig die Prozesseffizienz steigt. Durch das Additivieren der Matrix und einem mehrfachen Belichten der Schnittkontur mit hohen Vorschüben, lässt sich die Bearbeitungsqualität beim Laserschneiden des Laminats signifikant erhöhen und die WEZ auf weniger als 200 µm senken. Die Schnittkanten eines 2D-Demonstrators zeigte keine sichtbaren Schäden und ließ sich ohne Nachbearbeitung lackieren.

Die Schnittkanten des 2D-Demonstrators (Laminat) weisen keine sichtbaren Schäden auf und lassen sich ohne Nachbearbeitung lackieren.
(Bildquelle: LZN Laser Zentrum Nord)
Qualitätskriterium Nummer 1: glatte Schnittkanten
Innerhalb des Projekts legten die Beteiligten verschiedene Qualitätscharakteristika fest, um die Schnittqualität der CFK-Halbzeuge zu beurteilen. Demnach führen beim Trennen von CFK-Gelegen und Preformlingen, im Gegensatz zum Bearbeiten von Laminaten, grundsätzlich niedrigere Vorschübe zu einer höheren Qualität der Schnittkanten. Hohe Vorschubgeschwindigkeiten dagegen führen zu aufgestellten Schnittkanten, die Fasern beziehungsweise die Faserlagen fransen aus. Die Halbzeuge werden deshalb nur mit einer einzelnen Belichtung, bei verminderter Leistung und geringerem Vorschub bearbeitet, wodurch saubere und glatte Schnittkanten entstehen. Die Faserenden haften teilweise aneinander, mit dem positiven Nebeneffekt, dass sich die Halbzeuge einfacher handhaben lassen, ohne sich negativ auf Folgeprozesse wie die Injektion im RTM-Prozess oder das Drapieren der Gelege auszuwirken [8,9].
Der 2D-Prozess für Laminate und Halbzeuge lässt sich auf das Bearbeiten dreidimensionaler Bauteile übertragen. Da der Laserstrahl entlang seiner Ausbreitungsrichtung keinen konstanten Strahlquerschnitt und somit keine konstante Leistungsdichte besitzt, ist es allerdings entscheidend zu wissen, wie weit die Bauteiloberfläche über oder unterhalb des Laserstrahls-Fokus platziert werden kann, um weiterhin vollständige Schnitte zu erhalten.
Demonstratorteil Autotür
Das Verfahren demonstrierten die Forscher an der Herstellung einer Außenschale für eine Reisemobiltür. Die Eigenschaften des Demonstratorteils sind hinsichtlich Werkstoff, RTM-Bauteil mit Wandstärken zwischen 1,5 und 2,5 mm, und Abmessungen typisch für CFK-Teile im Automobilbau. Der entwickelte Laser-Trennprozess lässt sich daher auf die Anwendung übertragen und in die RTM-Prozesskette integrieren. Die Preformlinge können in der Vorrichtung besäumt, anschließend im RTM-Prozess bearbeitet und die Laminate abermals in der Schneidvorrichtung auf Endkontur beschnitten werden. Ausschnitte, wie das Schlüsselloch, werden dabei ebenfalls erzeugt. Dabei erreicht der Laser effektive Schnittgeschwindigkeiten von 15 m/min, bei Preforms sind es 12 m/min.
Künftige Optimierungen des Laserprozesses können die Produktivität weiter erhöhen, und die Etablierung des Laser-Remote-Trennens von CFK in der Automobilbranche forcieren. Durch aktives Regeln und Überwachen des Schneidprozesses steigen die Prozessgeschwindigkeit und -effizienz, durch materialseitige Modifikationen zudem die Bearbeitungsqualität.
Teile dieser Arbeiten entstanden im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekts Remote-C, FKZ 01 MX 12049. Die Autoren danken dem BMWi sowie dem Projektträger DLR für die finanzielle Unterstützung bei der Durchführung dieser Arbeiten.
Literatur
[1] Kraus, T.; Kühnel, M.: Der globale CFK-Markt 2014. AVK Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe, Composites Marktbericht 2014.
[2] Lässig, R.; Eisenhut, M.; Mathias A.; Schulte, R.; Peters, F.; Kühmann, T.; Waldmann, T.; Begemann, W.: Serienproduktion von hochfesten Faserverbundbauteilen, Perspektiven für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau, Studie Roland Berger Strategy Consultants, 2012.
[3] Bundesregierung (Hrsg): Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung, August 2009. Online (abgerufen am 13.10.2015): https://www.bmbf.de/files/nationaler_entwicklungsplan_elektromobilitaet.pdf. pdf, 2009.
[4] Eckl-Dorna, W.: BMW fährt i3-Produktion um 40 Prozent hoch, Manager Magazin Online, online (abgerufen am 13.10.2015):
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/elektroauto-herstellung-bmw-faehrt-i3-produktion-um-40-prozent-hoch-a-964633.html, 2014.
[5] N.N.: Carbon serienmäßig im neuen BMW 7er, K-Zeitung, online (abgerufen am 13.10.2015): http://www.k-zeitung.de/carbon-serienmaessig-im-neuen-bmw-7er/150/1200/87121/, 2015.
[6] N.N.: BMW-7er-Produktion: Gesunde Mischung aus allen Erfahrungen, Automobil Produktion, online (abgerufen am 13.10.2015):
http://www.automobil-produktion.de/2015/09/bmw-7er-produktion-gesunde-mischung-aus-allen-erfahrungen/, 2015.
[7] Canisius, M.; Herzog, D.; Schmidt-Lehr, M.; Oberlander, M.; Direnga, J.; Emmelmann, C.: Laser cutting of carbon fiber-reinforced plastic with an absorber transparent for visible spectrum. Journal of Laser Applications, Band 27, 2015, Seite 03, 2003.
[8] Herzog, D.; Schmidt-Lehr, M.; Canisius, M.; Oberlander, M.; Emmelmann, C.: Influence of laser cutting on handling, drape and infusion characteristics of preforms. ICCST/10, 2015.
[9] Oberlander, M.; Schmidt-Lehr, M.; Herzog, D.; Canisius, M.; Emmelmann, C.: Laser-remote-cutting of large-scale semi-finished carbon-fiber products using a solid state laser. Tagungsband, Lasers in Manufacturing Conference, 21.–25. Juni 2015, München, Beitrag 137.